La Palma – Schwarzer Strand

5. Tag

Morgens sind wir zu den Nudisten umgezogen. Die Zimmer sind geräumiger, es ist wärmer, der Außensitzbereich sonnenüberflutet – dafür liegen recht zufrieden wirkend, wenige Meter entfernt auf den durch keinerlei Sichtschutz getrennten Nachbarterrassen nackte Menschen auf Liegestühlen. Das ist zunächst gewöhnungsbedürftig. Da möchte man gar nicht raus. Den Kaffee im Angesicht übergewichtiger, unangezogener Mitsechziger zu trinken, bedarf einiger Überwindung.

Wir haben beschlossen, heute nicht zu wandern, sondern das großartige Wetter für einen Strandtag zu nutzen. So fahren wir zum nahegelegenen Playa Nueva, legen uns dort an den schwarzen Sandstrand und lassen uns die Sonne auf den Körper scheinen. Temperatur und Brandung sind fabelhaft und nach einiger Zeit des Wellenspringens fühlt sich die Kombination aus Atemlosigkeit, Körperkälte, Salzgeschmack und Wasser-Sandgemisch in allen Körperöffnungen sehr nach Kindheitsurlaub am Atlantik an.

Wieder zurück bei der Unterkunft ist noch Zeit für einen Sprung in den Pool und Fotografieren im Garten des Anwesens, dann koche ich Nudel und Tomatensoße mit dem besten eingelegten Thunfisch, den man sich vorstellen kann.

Der klare Sternenhimmel ist ähnlich überwältigend wie die Lichtreflexe der Sonne im Wasser am schwarzen Sandstrand.

La Palma – Vulkanwind

4. Tag

Startpunkt der Sonntagswanderung ist Los Canarios bzw. das Besucherzentrum am Fuß des 630 Meter hohen Volcán San Antonio. Am Rand des Vulkans, der laut der Informationstafeln das letzte Mal 1677 ausgebrochen ist, ist es unglaublich windig. In heftigen Böen fetzt der Wind an der Kleidung, lässt Kommunikation nur schreiend zu und nötigt einen dazu, sich auf dem Grat mehr balancierend als gehend fortzubewegen.

Die eigentliche Wanderung führt dann Richtung Meer immer bergab zunächst zum Roque Tenegua, einem auffälligen gelben Felsen mitten im ansonsten schwarzen Lava-Sand. Von hier geht es wieder aufwärts zum Volcán Teneguía.

Während das schwarze Gestein allgegenwärtig ist, finden sich dazwischen immer wieder Felsbrocken vor allem in schwefelgelb und rot. Der Teneguía war zuletzt 1971 aktiv, wovon ein riesiger Krater zeugt. Auch hier ist es so windig, dass wir ein paarmal fast vom Berg gepustet werden.

Durch weite Geröllfelder führt der gut erkennbare Weg wieder hinunter dem Leuchtturm an der Punta de Fuencaliente entgegen. Etwas abseits des Weges – inmitten der schwarzen Lavakieswüste – pausieren wir. Dass es vorher mal kurz geregnet hat, ist da schon wieder vergessen.

Schon von weitem ist schließlich der Faro de Foencaliente mit den benachbarten Salinen zu sehen, von wo wir nach einem Kaffee die Rückfahrt mit dem Bus antreten.

Den Abend verbringen wir im Restaurant Mariposa, das in Laufweite von unserem Apartment liegt. Dort esse ich Kürbis-Bananen-Suppe und exquisit deliziöse geschmorte kanarische Ziege.

La Palma – Kakteen, Kiefern, Knacken (von Mandeln)

Tag 3

Irgendwie ist es gar nicht so leicht, früh loszukommen, wenn man ausschlafen, gemütlich frühstücken und dann eigentlich erst nochmal in der Morgensonne einen leckeren Extrakaffee trinken möchte.

Nach einer knappen Stunde Autofahrt entlang der Westküste durch die Bananenplantagen-Terrassen in den Berghängen erreichen wir Puntagorda, den Startpunkt der heutigen Wanderung.

Vom Straßenrand steigen wir direkt in einen Talkessel ab, an dessen steilen Felsflanken sich Kakteen, Palmen und Kiefern abwechseln. Die verschiedenen Gesteinsschichten malen zerklüftete Muster in die Wände, hier zeigen sich Höhleneingänge in den Abhängen, dort wechselt sich massiver Vulkanstein mit losem Geröll ab. So wandern wir durch Mandelhaine bis Las Tricias, wo ein kleines Restaurant mit sonnigen Aussichtsplätzen, warmem Essen und kaltem Bier lockt.

Der folgende, recht steile Anstieg hinauf zum Gipfel des Tricias mit meteorologischer Messstation und Sendemasten ist nach der Stärkung gleich viel besser zu schaffen.

Auf dem weiteren Weg passieren wir mehrere äußerst pittoreske, teils wohl schon recht alte Häuser, die dort mitten im Wald stehen, unternanderem den Dreieinhalbhäuserort Mataburros.

Und immer wieder der Weg inmitten des Kiefernwaldes, dem man ansieht, dass hier vor ein paar Jahren ein ordentlicher Waldbrand gewütet hat, der die uralten Baumstämme hat schwarz werden lassen und in dessen Folge nun intensiv hellgrüne frische Nadeln neu sprießen.

Der Weg bleibt wunderschön, auch wenn es zwischendurch empfindlich kühl ist und sich die Sonne mit einem letzten goldenen Strahlen hinter den Wolken am Horizont verabschiedet. Im Barranco de Izcagua finden wir ein Tal voller Steinhäuflein.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir das Auto.

La Palma – Ruta de los Vulcanes

2. Tag

Heute machen wir unsere erste Wanderung auf La Palma: die Vulkanroute entlang des Bergkamms, der sich vom Zentrum der Insel bis in den Süden nach Los Canarios (Fuencaliente) zieht. Die Sonne scheint durch die Wolken und als wir am Parkplatz des Refugio El Pilar die Rucksäcke aufschnallen, ist das Gefühl ein sommerliches. Von 1440 geht auf etwa 1900 Meter hinauf, durch Kiefernwald, über schwarze Gesteinfelder, entlang gewaltiger bis irgendwie niedlich-kleiner Vulkankessel.

Auf einem Gipfelgrad, der einen unwirklichen Blick auf das Wolkenmeer unter uns bietet, rasten und picknicken wir in der Gesellschaft zweier zutraulicher Raben.

Nach etwa einem Drittel des Weges beschließen wir, die Tour nicht wie geplant südwärts weiterzuführen, sondern stattdessen einen Rundweg zu gehen, der uns nicht nur davor bewahrt, zu weit abzusteigen und somit unweigerlich unter die Wolkengrenze und damit in Kälte und Nässe zu geraten, sondern uns auch zum Auto zurückbringt, was uns die ansonsten unumgängliche lange Taxifahrt zurück nach El Pilar erspart.

So biegen wir am Pico Nambroque ab und wandern auf einer langsam absteigenden Forststraße zurück zum Refugio.

Abends fahren wir nach Puerto Tazacorte, schlendern noch ein wenig am Strand und kehren dann in ein schönes Restaurant ein, wo man direkt an der Strandpromenade sitzen und guten Fisch essen kann.

La Palma – Spieglein, Spieglein an der Wand

1. Tag

Die Highlights des Anreisetages sind zunächst kulinarischer Art: ein ordentliche Frühstück, bevor wir morgens – von Frankfurt aus – Deutschland fliegend verlassen und beim Zwischenstop in Madrid ein Baguette mit dem besten Jamón, den ich seit langem – wenn nicht überhaupt jemals – gegessen habe.

Am frühen Nachmittag erreichen wir Santa Cruz de la Palma – angenehm mild, aber im leichten Nieselregen. Alles läuft wie am Schnürchen: Das Gepäck ist sofort da, der Mietwagen gebucht, beim Zurücksetzen in der Tiefgarage des Flughafens fahren wir den linken Außenspiegel ab und schon kann es losgehen. Bald ist ein ‚Hyper-Dino‘-Supermarkt gefunden, wo wir uns mit allerlei leckerem Landestypischem versehen und als wir durch einen Tunnel fahren, der die zentralen Bergkette durchquert, welche die Insel von Süden nach Norden teilt, zeigt sich auch die Sonne.

Wie es dazu kam, dass wir, ohne groß darüber nachzudenken, eine Unterkunft namens ‚Sun Nudist‘ in Los Llanos gebucht haben, ist mir nicht mehr vollständig begreiflich. Oder eigentlich doch: Es sah einfach sehr nett aus im Internet und war im Vergleich recht günstig – nette Apartments mit Küche und Balkon und Sonnenterrasse. Und dann stört es doch auch nicht, wenn etwaige andere Bewohner des Komplexes meinen, nackt an den Pool gehen zu müssen. Wie dem auch sei, eine Rezeption gibt es nicht und in der Mail stand, dass in der Tür zu unserem Apartment 8 dann der Schlüssel stecken werde. Man stelle sich unser Erstaunen vor, als zwar der versprochene Schlüssel nicht im Schloss ist, dafür aber die Tür offen steht und diverse Kleidungsstücke und Handtücher von der nicht wegzuredenden Bewohntheit der Zimmer kündigen. Ein Anruf klärt, dass es einen Kalenderfehler gegeben habe. Man bringt uns stattdessen in einer anderen Anlage unter, wo wir bis Montag bleiben werden, um dann in das Apartment 5 bei den Sonnennudisten umzusiedeln.

Es tut gut, endlich angekommen zu sein, den Reiseschmutz abzuwaschen und auf der Terrasse das Spiel der Sonne und deren anschließenden Untergang im Meer wohlwollend zu begleiten.

(Foto)

Als es draußen so dunkel ist, dass wir auch die anscheinend in den angrenzenden Bäumen lebenden Eulen nicht mehr umherfliegen sehen, sondern nur noch vereinzeltes gruseliges Knacken irgendwelcher Zweige hören können, begeben wir uns zum lukullischen Abschluss des Abends in unsere Wohnung, wo auch die Planung der morgigen Wanderung stattfindet.

Kirchhain und zurück

Nach dem Frühstück mit meinen Eltern, die nach dem Weihnachtsfest hier übernachtet hatten, hab ich die Wanderschuhe angezogen, die Wasserflasche in den Rucksack geworfen und bin losgelaufen.

Anscheinend ist da eine Gemengelage an Bedürfnissen entstanden, deren Befriedigung einfaches Geradeauslaufen zuträglich zu sein versprach. Ich wollte das Völlegefühl der letzten Tage loswerden, ich brauchte Zeit zum Nachdenken ohne Ablenkung und vielleicht hat auch die Wiederentdeckung von Hape Kerkelings ‚Ich bin dann mal weg‘ dazu beigetragen, dass ich Lust am Laufen verspürte.

Weil ich keine Zeit mit der Suche nach einer geeigneten Wanderroute verplempern wollte, bin ich einfach auf dem Radweg Richtung Rauschenberg losgegangen und in ziemlich straffem Tempo bis Kirchhain durchmarschiert. Von dort wollte ich über Stauseberg und Himmelsberg zurück, konnte aber an den wichtigen Stellen keine Wegmarkierungen finden und lief so eine Runde um das Mündungsgebiet der Wohra und dann mehr oder weniger den gleichen Weg zurück. Insgesamt müssten das etwa 28 km gewesen sein, die ich in 3,5 Stunden gelaufen bin.

Vor allem auf dem Rückweg gelang es mir, tatsächlich mal den Kopf so laufen zu lassen, dass ich vom Weg nicht mehr viel mitbekam. Ich hatte die Idee, die Erzählung meiner anstehenden Schottland-Wanderung „Scotland – bottom to top“ zu betiteln und das dann metaphorisch einzusetzen, um zu beschreiben, wie im Verlauf der Wanderung die Aufmerksamkeit von den schmerzenden Füßen (bottom), über die Beine, die Entzugserscheinungen im Lendenbereich, zu Angelegenheiten des Herzens und schließlich bis in den Kopf (top) wandert.